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Wissensprozesse in der Netzwerkgesellschaft

Programm

Freitag, 5. Dezember 2003

10:00-10:30
Ralf Schnell (Siegen, Sprecher des Forschungskollegs „Medienumbrüche“)
Begrüßung
Peter Gendolla, Jörgen Schäfer (Siegen)
Einführung

Netzwerke

10:30-11:30
Manfred Faßler (Frankfurt/M.)
Netzstrukturen, Netzkulturen und verteilte Gesellschaftlichkeit

Abstract:
Seit einigen Jahren steht „das Netz“ in unübersehbarer Konkurrenz zu Gesellschaft, Institutionen, Territorien oder nationaler Kultur. Das „Internet“, so neuartig es auch ist, greift freilich nicht nur auf das längst eingelebte Fern-Verbindungsmedium Telefon zurück, es rationalisiert auch gut bekannte Verbindungsmuster wie Netzwerke beruflicher, ökonomischer, nachbarschaftlicher Hilfe, Bindung und Abhängigkeit, der Familie und Mafia, der Frühstückskabinette und geheimen Absprachen, der Solidarität und ökologischen Beziehungen.
Die Unterschiede sind aber unübersehbar: Die neuen Netzkulturen sind nicht nur prinzipiell „global“, sie verteilen auch weltweit kontrollierte Informations- und Kommunikationsräume und lösen damit die alten Kulturen auf und ab.

11:30-12:30
Uwe Wirth (Frankfurt/M.)
Von der Liaison zum Link

Abstract:
Im „Discours Préliminaire“ der Encyclopédie entwirft D’Alembert das Konzept einer Wissensdarstellung, bei der die Verknüpfungen („liaisons“) zwischen den verschiedenen Wissenschaften durch „renvois“ angezeigt werden – durch Querverweise also, die jedoch nurmehr provisorischen Charakter haben, da es keine a priori gültige Systematik des Wissens mehr gibt. Immerhin erlaubt das Netz der Querverweise eine vorläufige Ordnung zu etablieren, die freilich im Rahmen künftiger Wissensprozesse veränderbar bleibt.
Das Vorbild heutiger Hypertext-Links ist eine Form assoziativer Indexikalität, die noch einen Schritt weiter geht: In seinem berühmten Aufsatz „As We May Think“ entwirft Vannevar Bush das Konzept der Memex-Archivmaschine, die verschiedene Informationseinheiten durch einen technischen „process of tying two items together“, in Analogie zum menschlichen Hirn, „by association of thoughts“, miteinander verbinden soll. Bei der Memex handelt es sich, so Bush, um eine „völlig neue Form von Enzyklopädie“, die die Funktion des Gedächtnisses durch ein „intricate web of trails“, ein Netz von Verweisen und Anmerkungen erweitert.
In seinem Vortrag geht Uwe Wirth den konzeptionellen und medialen Implikationen der Enzyklopädie D’Alemberts und der „völlig neuen Form von Enzyklopädie“ Bushs mit Blick auf die Wissensprozesse in der Netzwerkgesellschaft nach.
 
Ökonomische Prozesse

14:00-15:30
Wolfgang König (Frankfurt/M.)
Ökonomische Analyse von Netzeffekten

Abstract:
Eine grundlegende Fragestellung z. B. im E-Business liegt in der geeigneten Vernetzung verschiedener Akteure. Dabei gibt es netzwerkspezifische Koordinationsprobleme, die aus der Existenz von Netzeffekten resultieren.
Gegenstand dieses Beitrages ist eine ökonomische Analyse der Existenz und Effizienz von Gleichgewichten in Kooperationsnetzen. Computersimulationen zeigen viel versprechende Resultate bezüglich der prinzipiellen Lösbarkeit „klassischer“ Netzwerkprobleme wie insbesondere des Start-up-Problems.

15:45-16:30
Gisela Hüser, Manfred Grauer (Siegen)
Technologischer Wandel und Entstehen des Internets

Abstract:
Mit diesem Beitrag wird versucht, durch die Analyse des Entstehens des Internets Möglichkeiten der Erklärung dieses wesentlichen Phänomens des zweiten Medienumbruchs aufzuzeigen. Die Analyse erfolgt aus ökonomischer Sicht und beruht dabei auf den Erklärungsansätzen des technologischen Wandels. Es kann gezeigt werden, dass die Diffusionstheorie – erweitert um eine räumliche Komponente – sowohl für länderspezifische Betrachtungen als auch für die Erklärung der weltweiten Entstehung und auch der derzeitigen Entwicklung des Internets ein zutreffender Ansatz ist.

16:30-17:30
Thomas Kamphusmann (Dortmund)
Modellierung, Analyse und Gestaltung betrieblicher Kommunikation

Abstract:
Der effiziente Einsatz von Kommunikation ist nicht allein in den Dienstleistungsberufen zu einem erfolgskritischen Faktor geworden. Zunehmend komplexe Projektstrukturen und zunehmende Spezialisierung führen zu einer immer größeren Anzahl von Kontakten, die beachtet und gepflegt werden müssen. Nicht zuletzt führen die nach wie vor sinkenden Kosten zu einem vermehrten Datentransfer. Gemessen an der Wichtigkeit von Kommunikation für die Erreichung geschäftlicher Ziele stellen sich die Aktivitäten zur systematischen Entwicklung und Unterstützung von Kommunikation im betrieblichen Alltag als bei weitem zu gering dar. Es mehren sich die Zeichen, dass allein die technische Verfügbarkeit von (Mobil-) Telefon, Fax, E-Mail und Internet keine hinreichende Bedingung für die effiziente Organisation von Kommunikation ist.
Der Vortrag stellt vor diesem Hintergrund die Arbeiten des Fraunhofer ISST zur Entwicklung eines pragmatischen, an arbeitsorganisatorischen Fragestellungen orientierten Kommunikationsmodells dar. Auf dessen Basis werden die darauf möglichen Analysen skizziert und aufgezeigt, wie durch technische und organisatorische Maßnahmen eine effizienzorientierte Kommunikationsunterstützung im betrieblichen Umfeld gestaltet werden kann.



Samstag, 6. Dezember 2003

Ästhetische Prozesse

9:00-10:00
Rolf Großmann (Lüneburg)
Wissen und kulturelle Praxis: Audioarchive im Wandel

Abstract:
Audioarchive enthalten Wahrnehmungsangebote, die in besonderem Maße interpretativ zu 'lesen' sind, sie lassen das Moment der Konstruktion von Sinn und Bedeutung, das in jedem Wissensprozess eine zentrale Rolle spielt, hervortreten. Der Wandel der Audioarchive von den Speichermedien der analogen Phonographie hin zu den vernetzten Datenräumen des 'digital audio' verändert diese möglichen 'Lesarten' allein durch die Rahmenbedingungen der Vernetzung und des symbolischen Code. Die neue Datenförmigkeit der Audiosignale und die Selbstverständlichkeit, mit der auch sie mit der technischen Kategorie der Information beschreibbar sind, verweisen auf eine gewisse Verwandtschaft ihrer nun entstandenen Nutzungsoptionen mit denen der übrigen in vernetzten digitalen Archiven flottierenden Daten bzw. Informationen, seien es Börsenkurse, wissenschaftliche Texte oder Computerprogramme. Welche Form nehmen Audiosignale im informationstechnischen Raum an? Welche veränderten Prozesse der Aneignung von Audioarchiven bringt das " Paradigma der Informationstechnologie" (Castells)? Welche Strategien ästhetischen Gestaltens spiegeln dieses Paradigma? Welche Folgen ergeben sich für kulturelles und ökonomisches Handeln mit ästhetischen Artefakten in den elektronischen Medien?

10:00-11:00
Fotis Jannidis (Darmstadt)
Elektronisches Publizieren im Netz

11:30-12:30
Otto Neumaier (Salzburg)
Künstlerisches Schaffen als kognitiver Prozess

Abstract:
Wenn wir nach den Elementen fragen, aus denen das „Kunstsystem” besteht, so stoßen wir laut Luhmann zunächst „auf die einzelnen Kunstwerke.” Diese seien jedoch nicht „die letzte, nicht weiter dekomponierbare Einheit des Kunstsystems”; vielmehr bestehe dieses wie die Gesellschaft als ganze aus Kommunikationen: Diese „sind Ereignisse, nicht Objekte.” Das einzelne Kunstwerk ist „allenfalls als Kompaktkommunikation oder auch als Programm für zahllose Kommunikationen über das Kunstwerk” anzusehen. Ausgehend von diesem Gedanken soll anhand einiger Beispiele gezeigt werden, dass künstlerisches Schaffen besser verstanden und erklärt werden kann, wenn wir dabei weniger auf einzelne geschaffene Objekte achten, sondern auf die dem Schaffen zugrunde liegenden Absichten und Vorstellungen – ja, wenn wir überhaupt als jemandes Werk weniger diese Objekte sehen, sondern jenes sich entwickelnde System von Absichten und Vorstellungen, von dem die Objekte nur jeweils „Momentaufnahmen” sind. Ein so verstandenes Werk ist ein prinzipiell lebenslanger Prozess, der in ein Netzwerk kognitiver Voraussetzungen und Wirkungen eingebettet ist.

12:30-13:00
Abschlussdiskussion

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